Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V.

Verband allein erziehender Mütter und Väter
Landesverband Nordrhein-Westfalen e.V.

Alleinerziehende 
und Wohnen

Alleinerziehende
und Wohnen

In Einelternfamilien fehlt es vor allem an Zeit und Geld.
Erwerbstätigkeit, Kinderbetreuung, administrative Aufgaben und die Haushaltsführung können nicht mit einem zweiten Erwachsenen im Haushalt geteilt werden. Alleinerziehende sind weit überwiegend weiblich – Frauentypische Berufe mit geringen Löhnen, Teilzeittätigkeit wegen fehlender Kinderbetreuung und ausbleibende Unterhaltszahlungen führen dazu, dass Alleinerziehende mit ihren Kindern häufig in sehr prekären finanziellen Verhältnissen leben müssen. Sie verfügen durchschnittlich nur über die Hälfte des Haushaltseinkommens einer Paarfamilie mit gleicher Kinderzahl. Allein die ökonomische Situation führt dazu, dass viele Alleinerziehendenfamilien weniger Teilhabechancen haben als Paarfamilien. Bei migrantischen und geflüchteten Alleinerziehenden verschärft sich die Situation noch.

Dies äußert sich u.a. auch auf dem Wohnungsmarkt, was unmittelbar Folgen für die Entwicklungs- und Teilhabechancen der Kinder und Jugendlichen hat, die in Einelternfamilien aufwachsen.

Literatur zur Situation von Alleinerziehenden

Literatur zur Situation von Alleinerziehenden

Alleinerziehende weiter unter Druck
Bedarfe, rechtliche Regelungen und Reformansätze
Anne Lenze, Bertelsmann Stiftung (2024).
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Alleinerziehend – Situation und Bedarfe.
Aktuelle Studienergebnisse zu NRW und Deutschland
VAMV NRW (2021).
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Besondere Umstände bei der Wohnungssuche

Wohnungssuche im Zeitpunkt der Trennung

Der Bedarf für eine neue Wohnung ist bei vielen Alleinerziehenden im Moment der Trennung akut, trifft aber hier auf eine besonders vulnerable Familiensituation. Mit der Trennung verlässt mindestens ein Elternteil die gemeinsame Wohnung. Häufig müssen sich beide Elternteile neu orientieren.
Für den wirtschaftlich schwächeren Elternteil (zumeist die Mutter) fällt die Wohnungssuche u. U. in eine Zeit großer finanzieller Unsicherheit, wenn Unterhaltsfragen zu Beginn einer Trennung noch nicht abschließend geklärt sind und Eigentumsunterschiede zwischen den Eltern erst im Rahmen einer Scheidung ausgeglichen werden. So kann es schwierig werden, eine Kaution zu hinterlegen, weil dafür keine Mittel verfügbar sind.

 

Wohnungslosigkeit

In NRW waren zum Stichtag 30.06.2022 15,6% der kommunal/ordnungsrechtlich untergebrachten Haushalte Alleinerziehende mit Kindern. Damit sind sie in dieser Gruppe stark überrepräsentiert, da der Anteil von Alleinerziehenden-Haushalten an allen NRW-Haushalten „nur“ etwa 4% ausmacht.
Die Zahl der untergebrachten Alleinerziehendenfamilien ist 2022 im Vergleich zu den Vorjahren deutlich gestiegen, da die geflüchteten ukrainischen Familien hier erstmals mit aufgeführt sind. Die Dunkelziffer der wohnungslosen Alleinerziehenden dürfte noch höher liegen, da Familien, die kurzzeitig bei Familie/Freunden unterkommen, statistisch nicht unbedingt erfasst werden.

Mehr als ein Dach über dem Kopf – Gutes Wohnen für Alleinerziehende!

Mehr als ein Dach über dem Kopf – Gutes Wohnen für Alleinerziehende!

Die Dokumentation unserer Fachtagung thematisiert nicht nur die Probleme, mit denen Alleinerziehende gegenwärtig konfrontiert sind, wenn es um Wohnungssuche und Wohnen geht. Sie zeigt vor allem, was nötig und möglich ist, um auch für Einelternfamilien ein gutes Wohnen zu schaffen. Dazu braucht es eine effektive Wohnungspolitik für Familien mit kleinem Einkommen, z.B. eine entfristete und geschärfte Mietpreisbremse, niedrigere finanzielle Hürden beim Zugang zu gemeinschaftlichen Wohnprojekten und eine neue Wohngemeinnützigkeit, die auch Alleinerziehende als Zielgruppe umfasst.

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Alleinerziehende brauchen günstigen, aber nicht kleinen Wohnraum

Was in Paarfamilien eine Selbstverständlichkeit ist, nämlich, dass die Erwachsenen ein Schlafzimmer mit einem Bett haben, und zusätzlich Kinderzimmer, Wohnzimmer, Küche und eventuell ein Arbeitszimmer, ist für Alleinerziehende oftmals ein Luxus.
In NRW gilt, dass eine Alleinerziehende mit einem Kind einen Wohnberechtigungsschein für 2 Zimmer-Küche-Bad (oder max. 65 qm) bekommen kann, eine Paarfamilie mit einem Kind schon für 3 Zimmer (oder 80 qm). Erst, wenn das Kind älter als 6 Jahre alt ist, kann in Alleinerziehenden-Haushalten ein weiteres Zimmer genehmigt werden.
Ausschlaggebend für die benötigte Größe einer Wohnung ist nach unserer Ansicht die Anzahl der Kinder im Haushalt sowie eventuell der Bedarf an einem abgeschlossenen Arbeitszimmer für das Home-Office, nicht aber, ob ein oder zwei Elternteile im Haushalt leben

Ein Aspekt, den wir hier ergänzen möchten, betrifft Familien, die sich die Betreuung der Kinder nach der Trennung teilen möchten, etwa im Wechselmodell oder im erweiterten Umgang. In diesen multilokalen Trennungsfamilien wird ein Kinderzimmer bei beiden Elternteilen benötigt, was den Bedarf an entsprechendem Wohnraum zusätzlich erhöht.

Diskriminierung bei der Wohnungssuche

Die Diskriminierungserfahrungen von Alleinerziehenden bei der Wohnungssuche sind vielseitig.

  • Es wird beschrieben, dass Vermieter*innen keine Kinder im Haus haben möchten.
  • Sind Kinder willkommen, dann werden Paarfamilien vorgezogen, vor allem, wenn zwei Einkommen da sind. Unterhaltsleistungen des anderen Elternteils werden als Einkommen nicht akzeptiert.
  • Einige Alleinerziehende schildern, dass Personen mit in ihren Mietverträgen (Stichwort Gesamtschuldner) stehen, die gar nicht bei ihnen wohnen, damit sie eine Wohnung bekommen.
  • Andere berichten sogar von sexueller Nötigung bei der Wohnungssuche.
  • Zudem schildern uns Alleinerziehende, die sich mit anderen zu Wohngemeinschaften zusammenschließen, dass ihnen das Finanzamt die Steuerklasse II aberkennt.

 

Familienform und sozio-ökonomischer Status nicht im AGG anerkannt

Diskriminierung bei der Wohnungssuche wird derzeit über die Regelungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) nicht abgedeckt, da das AGG keine Diskriminierung aufgrund des Familienstands oder der sozio-ökonomischen Lage anerkennt.

Insofern könnte einer Stärkung der Servicestellen für Antidiskriminierungsarbeit in Bezug auf nicht migrantische Alleinerziehende lediglich eine präventive bzw. öffentlichkeitswirksame Rolle zukommen, da Betroffene nicht juristisch gegen die Diskriminierung vorgehen könnten. Die Servicestellen könnten Diskriminierungen dokumentieren und Aufmerksamkeit auf das Thema lenken.
Eine Sensibilisierung für die Diskriminierungserfahrungen Alleinerziehender könnte ihrerseits über Schulungen der Landesfachstelle Alleinerziehende erfolgen, die das MKJFGFI seit 2023 beim VAMV NRW fördert.

Was muss passieren?

Die Nachfrage nach günstigem Wohnraum in NRW, vor allem in den Ballungsgebieten, ist größer als das Angebot. Da auch hier leider gilt „der Markt regelt alles“, haben vulnerable Gruppen wie Alleinerziehende oder Menschen mit Zuwanderungsgeschichte oftmals das Nachsehen.
Eine Lösung ist der erhebliche Ausbau des mietpreisgebundenen Wohnungsbaus. Dabei muss der Platzbedarf einer Einelternfamilie an den einer Zweielternfamilie mit gleicher Kinderzahl angepasst werden. Außerdem sollten Alleinerziehende bei der Vergabe von Wohnungen priorisiert werden.