Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V.

Verband allein erziehender Mütter und Väter
Landesverband Nordrhein-Westfalen e.V.

Werkstattgespräch Betreuung in den Randzeiten

Werkstattgespräch Betreuung in den Randzeiten

Kapitel

Vereinbarkeit Familie und Beruf – Welche Lösungen haben wir für die Randzeiten?

Trotz der Erfolge von "Sonne, Mond und Sterne" lässt sich das Projekt nicht ohne Weiteres an anderen Orten ausrollen. Um flächendeckend die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sicherzustellen, braucht es eine bessere gesetzliche Grundlage.

Zwar sieht das NRW-Kinderbildungsgesetz (KiBiz) Flexibilisierungsmittel für die Kinderbetreuung vor. Trotzdem haben in NRW weiterhin nur 2,8% der Einrichtungen vor 7 Uhr geöffnet und nur 2,9% schließen später als 17 Uhr

Das Thema wurde während des Werkstattgesprächs „Vereinbarkeit Familie und Beruf – welche Lösungen haben wir für die Randzeiten?“ mit Expert*innen erarbeitet. Dabei wurden die Bedarfe für Betreuung in den Randzeiten diskutiert, die Anforderungen an die Betreuungspersonen und die Finanzierung solcher Angebote.

Werkstattgespräch am 25.06.24 in Düsseldorf

1. Bedarfe für Betreuung in den Randzeiten

Spricht man über das Thema Randzeitenbetreuung, ist es erforderlich eine Begriffsklärung durchzuführen: als Ausgangspunkt der Diskussion wurden die Bedarfe der Familien benannt, die sich ergeben, wenn zwischen ihren Arbeitszeiten und den Öffnungszeiten der Kinderbetreuung eine Lücke klafft. Diese Baderfe sind allerdings höchst individuell und nicht immer im Voraus planbar, somit ist die Lösung nicht einfach mehr Betreuung, sondern vor allem die Flexibilisierung der Betreuungsangebote.
Für die Bedarfe in extremen Randzeiten frühmorgens, spätabends, nachts und am Wochenende, z.B. für Eltern im Schichtdienst, wurde betont, dass diese zusätzliche Lösungen außerhalb der Institutionen Kita und Kindertagespflege erfordern.

Gleichzeitig müssen aber auch Arbeitgeber mit familienfreundlichen Arbeitszeiten dazu beitragen, die Betreuungslücke zu verkleinern.

2. Anforderungen an Randzeitenbetreuung

Die Diskussion um die Anforderungen an Randzeitenbetreuung betrifft vor allem die Bereiche Kinderschutz/Kindeswohl und Bildung. Der Kinderschutz im Kontext von Kinderbetreuung ist ein sehr wichtiges Thema, der Kindeswohlbegriff sollte dabei allerdings ausgeweitet werden: Neben dem Umgang der Betreuungsperson mit den Kindern, sollte nämlich auch die finanzielle Sicherheit der Familie als kindeswohldienlich betrachtet werden. Außerdem wurde infrage gestellt, ob private Patchworklösungen, in denen z.B. ältere Kinder auf die jüngeren aufpassen müssen, besser für das Kindeswohl seien als die verlässliche Betreuung in den Randzeiten.

Dennoch ergeben sich zwei wichtige Fragen: Wer darf die Kinder in den Randzeiten betreuen und wie soll diese Betreuung aussehen?
In reguläre Betreuungsangeboten, wie Kindertagespflege, Kita und Schule, müssen pädagogische Fachkräfte einen Bildungsauftrag erfüllen – das ist für Randzeitenbetreuung aber anders. Sie stellt nämlich nur eine Ergänzung, nicht die Ersetzung anderer Bildungs-/Betreuungsanbegote dar. Somit kann die Qualifizierung der Betreuungspersonen niedrigschwelliger angelegt werden, ein Qualifizierungsrahmen müsste aber von einer allgemein anerkannten Stelle kommen, beispielsweise dem Deutschen Jugend Institut (DJI). Außerdem sei es wichtig, auch Quereinstiege zu ermöglichen, um die Bedarfe von Eltern decken zu können.

3. Finanzierung

Die bereitgestellten Mittel des Landes für Flexibilisierung werden nicht in allen Kommunen zielgerichtet verausgabt. Es gibt Mitnahmeeffekte, weil schon für mehr als 47 Stunden Öffnungszeit in der Woche Flexibilisierungsmittel genutzt werden könnten, was in vielen Kitas ohnehin schon der Fall ist.

Projekte in den extremen Randzeiten, wie Sonne, Mond und Sterne, sind derzeit nicht gesetzlich normiert. Das bedeute einen großen Widerspruch zwischen einerseits zu hohen gesetzlichen Standards und andererseits in der
Realität womöglich gänzlich fehlender Kontrolle.

Die Vergütung der Betreuungspersonen muss ebenfalls angepasst werden.
 

"Was müsste konkret in einem neuen KiBiz geregelt werden?"

Sandra Schumacher, Ratsfrau der Stadt Essen

Sandra Schumacher, Ratsfrau der Stadt Essen

“Die finanzielle Sicherheit der Träger*innen von Randzeitenbetreuung und den Betreuenden muss gegeben sein, damit die Attraktivität für die Arbeit in der Randzeitenbetreuung gesteigert wird. Es müssen auf Landesseite Standards zur Kinderbetreuung eingeführt werden, die auch Randzeitenbetreuungen mitdenken.”

Bettina Konrath, Landesverband Kindertagespflege NRW

Bettina Konrath, Landesverband Kindertagespflege NRW

“Ein erster Schritt wäre, dass Kommunen die bereits im aktuellen KiBiz vorhandenen Mittel der Landesförderung überhaupt nutzen. Es wäre zu klären, ob die derzeitige Finanzierung mit dem Eigenanteil der Kommune unter der derzeitigen Haushaltslage für die Kommune leistbar ist oder ob dieser im neuen KiBiz verringert werden müsste."

Claudia Dunschen, unternehmer nrw

Claudia Dunschen, unternehmer nrw

„Ohne die aktuelle Problemlage zu ignorieren, müssen in einem novellierten KiBiz vor die allem mehr Flexibilisierungselemente Einzug halten: Dazu zählen Möglichkeiten zur unterjährigen Aufnahme und Rahmenbedingungen zur Änderung des Betreuungsvolumens. Last but not least muss die fi nanzielle Förderung aus öffentlichen Mitteln unabhängig vom Träger erfolgen, damit mehr Betriebs-Kitas entstehen können.”

Stefanie Wenz, Landeselternbeirat NRW

Stefanie Wenz, Landeselternbeirat NRW

“Die Bedarfsabfrage muss anders durchgeführt werden und in den Randzeiten darf es keine reine Verwahrung sein.”

Mechthild Thamm, Der Paritätische NRW

Mechthild Thamm, Der Paritätische NRW

“Das neue KiBiz NRW benötigt buchbare Stunden Budgets, die den unterschiedlichen Arbeitszeit- und Familienmodellen Rechnung tragen und für Familien finanzierbar sind. Das Land NRW soll die Träger finanziell befähigen, geeignete Personalkonzepte über diese Öffnungszeitenentwickeln zu können.”

Unsere Forderungen: Das muss im KiBiz §48 Absatz 5 geändert werden

  • Es fehlt ein Qualifizierungsrahmen für die Randzeitenbetreuung, der sowohl vom Umfang als auch vom Inhalt auf die Bedarfe der Kinder in den Randzeiten angepasst ist.
  • Die Vergütung der Betreuungspersonen muss praxistauglich angepasstwerden.
  • Eine Fachberatung ist zwingend vorzugeben und mitzufinanzieren.
Dokumentation des Werkstattgesprächs

Dokumentation des Werkstattgesprächs "Vereinbarkeit Familie und Beruf - welche Lösungen haben wir für die Randzeiten?"

25.06.2024 in Düsseldorf

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