23.06.2021
WDR Feature Trennungskinder: Wir fordern Richtigstellung von Falschaussagen
Essen, 22.06.2021 In einem Brief an den WDR fordern wir von der Redaktion eine Richtigstellung von Falschaussagen. Am 16.06.2021 hat WDR5 ein Feature „Trennungskinder – zwischen den Eltern“ ausgestrahlt. Unser Vorstand Nicola Stroop wird in diesem Beitrag zitiert (Min 16:15). Der Beitrag behandelt die Themen Wechselmodell und Entfremdung eines Elternteils durch ein anderes. Beides Themen, die bei den betroffenen Eltern und Kindern unter Umständen zu großem Leid führen können. Das vom WDR gewählte Format des Feature erlaubt dem Autoren eine tendenziöse und unausgewogene Herangehensweise. Darüber hinaus aber beinhaltet das Feature Aussagen, die zwar in das Argumentationsmuster des Autoren passen, die aber nachweislich falsch sind. Wir haben vom WDR an geeigneter Stelle im Programm eine Richtigstellung gefordert.
Es wird beispielsweise in Min 1:15 gesagt: „In Alleinerziehendenhaushalten ist jedes 5. Kind davon (kein Kontakt zu einem Elternteil) betroffen, weil ein Elternteil den Kontakt des Kindes zum anderen unterbindet.“ Diese Aussage ist falsch. Richtig ist: Es gibt zahlreiche Gründe, warum Kinder den Kontakt zu einem Elternteil verlieren, zum Beispiel, weil deren abwesender Elternteil kein Interesse an einem Umgang hat oder gestorben ist. De facto gibt es keine Studien darüber, wie häufig die so genannte „Entfremdung“ Ursache für einen Kontaktabbruch zum anderen Elternteil ist.
In Min 7:34 heißt es: „Auch über den Alltag von Trennungsfamilien ist Deutschland bislang wenig geforscht worden.“ Diese Aussage ist ebenfalls falsch. Richtig ist: Diverse Fachrichtungen (u.a. Pädagogik, Psychologie, Sozialwissenschaften) und Organisationen wie das Deutsche Jugendinstitut (DJI) forschen seit vielen Jahren zu den Folgen einer Trennung für Eltern und für deren Kinder.
In Min 7:52 geht es darum, wie häufig Kindern von der Mutter beziehungsweise vom Vater betreut werden. Der Autor sagt: „Und so stützen sich die meisten Thesen und Erkenntnisse nur auf Zahlen, die vom Institut für Demoskopie Allensbach 2017 in einer Umfrage erhoben wurden. Demnach werden Trennungskinder in knapp 5% der Fälle allein vom Vater betreut bzw. im Wechselmodell zu gleichen Teilen von ¬beiden Eltern. 2% der Kinder werden von sonstigen Verwandten betreut, Großeltern, Onkeln und Tanten. Mit 88% machen Mütter die große Mehrheit der Alleinerziehenden aus.“ Die oben genannten Zahlen stammen nicht aus dem Untersuchungsbericht des Instituts für Demoskopie Allensbach „Getrennt gemeinsam erziehen. Befragung von Trennungseltern im Auftrag des BMFSFJ“. Richtig ist: 84% der Trennungskinder sind laut Allensbach bei ihrer Mutter gemeldet, 15% beim Vater, 1% woanders (S.10). Es gibt keine verlässlichen Zahlen über die Häufigkeit der Betreuungsmodelle (siehe beispielsweise „Beistandschaftstag 2019, Katharina Lohse, Deutsches Institut für Jugendhilfe und Familienrecht eV, (DIJuF), Fulda, 24.9.2019:
In Min 15:36 kommt der Mediator Guido R. Lieder. Der Autor schreibt: „Darüber hinaus fordert Guido R. Lieder, dem Residenzmodell, bei dem ein Elternteil das Kind hauptsächlich betreut, in Gesetzgebung und Rechtsprechung keinen Vorrang mehr zu gewähren.“ Diese Aussage ist falsch. Richtig ist: Das BGB gewährt dem Residenzmodell keinen Vorrang. In einem Urteil des Bundesgerichtshofs (XII ZB 601/15) vom 1.02.2017 heißt es: „Das Gesetz macht keine Vorgaben für die zeitliche Ausgestaltung einer gerichtlichen Umgangsregelung. (…) Zwar sind einige gesetzliche Regelungen wie § 1687 BGB, § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB und § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB am Residenzmodell orientiert. Dies besagt allerdings nur, dass der Gesetzgeber die praktisch häufigste Gestaltung als tatsächlichen Ausgangspunkt der Regelung gewählt hat, nicht aber, dass er das Residenzmodell darüber hinausgehend als ein gesetzliches Leitbild festlegen wollte, das andere Betreuungsmodelle ausschließt.“ (https://www.familienrecht.de/wechselmodell/anordnung-wechselmodell)
Und schließlich kommt bei Min 16:15 unser Vorstand Nicola Stroop kurz zu Wort. Allerdings wird auch hier unser Name derart angepasst, dass er zur Strategie des Autoren passt: „Nicola Stroop vom Verband alleinerziehender Mütter“. Diese Bezeichnung ist falsch. Unser korrekter Name lautet „Verband allein erziehender Mütter und Väter Landesverband NRW“.