Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V.

Verband allein erziehender Mütter und Väter
Landesverband Nordrhein-Westfalen e.V.

STUDIE. ALLEINERZIEHEND SITUATION UND BEDARFE

STUDIE. ALLEINERZIEHEND SITUATION UND BEDARFE

Erstmalig kommen Alleinerziehende im Rahmen einer Studie über ihre Lebenssituation selber zu Wort: Der VAMV NRW hat mit der Prognos AG zwei Politikwerkstätten in Dortmund und Köln durchgeführt, bei der Alleinerziehende ihre Situation schildern, ihre Unterstützungsbedarfe benennen und bestehende Angebote bewerten konnten. Daraus resultiert die Studie „Alleinerziehend – Situation und Bedarfe“, die auch eine Auswertung des Mikrozensus 2017 sowie des sozio-oekonomischen Panels (SOEP) 2016 beinhaltet.

Weniger Geld, kaum Zeit, stark belastet

Alleinerziehenden stehen durchschnittlich deutlich weniger Geld und weniger Zeit zur Verfügung als Paarfamilien. Ihre Arbeitskontexte sind häufiger prekär, ihre Wohnungen kleiner, ihre Bezugsquoten von staatlichen Transferleistungen höher. Insgesamt erleben sich Alleinerziehende gesundheitlich stärker belastet. Alleinerziehendenfamilien sind damit weiterhin gesellschaftlich, finanziell und rechtlich gegenüber anderen Familienformen benachteiligt. „Die Studienergebnisse bestätigen unsere zentralen politischen Forderungen“, sagt VAMV NRW-Vorstand Nicola Stroop. „Politische Maßnahmen und Leistungen zielen noch zu oft auf die klassische Paarfamilie ab und erreichen Alleinerziehende zu selten. Das muss endlich anders werden.“

Die Studie offenbarte auch neue Erkenntnisse: In den Politikwerkstätten beklagten Alleinerziehende, dass wichtige Informationen zu Unterstützungsangeboten im Alltag nicht gebündelt verfügbar seien. „Relevante Angebote werden von den Alleinerziehenden oft nicht gefunden“, sagt Nicola Stroop. „Eine bloße weitere Auswertung von statistischen Daten hätte uns nicht zu dieser Erkenntnis geführt.“ Erst die qualitative Befragung der Alleinerziehenden habe quantitativen Daten konkretisiert und illustriert. „Damit bestätigt diese Studie eine unserer langjährigen Forderungen“, sagt Nicola Stroop vom VAMV NRW: „Sprecht mit den Alleinerziehenden und nicht nur über sie.“

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8 FORDERUNGEN DES VAMV NRW

Die Studie „Alleinerziehend – Situation und Bedarfe“ zeigt: Alleinerziehendenfamilien sind weiterhin gesellschaftlich, finanziell und rechtlich gegenüber anderen Familienformen benachteiligt. Die fehlenden zeitlichen und finanziellen Ressourcen des zweiten Erwachsenen können vom allein erziehenden Elternteil auch unter großer Kraftanstrengung kaum ausgeglichen werden. Gleichzeitig fehlt die gezielte Unterstützung aus Politik und Gesellschaft. Politische Maßnahmen und Leistungen zielen noch zu oft auf die klassische Paarfamilie mit „Mutter, Vater, Kind“ ab und erreichen Alleinerziehendenfamilien in ihren spezifischen Situationen zu wenig, zu selten oder gar nicht.

Der VAMV NRW ruft die Entscheidungsträger*innen in Politik und Verwaltung dazu auf, die Benachteiligung von Alleinerziehenden und ihren Kindern endlich zu beenden. Alleinerziehendenfamilien brauchen mehr politische und gesellschaftliche Unterstützung, damit eine Gleichstellung der Lebensverhältnisse mit anderen Familienformen Wirklichkeit werden kann.

Insbesondere fordert der VAMV NRW:

  1. Alleinerziehendenfamilien brauchen mehr Schutz vor Familien- und Kinderarmut. Es soll eine Kindergrundsicherung eingeführt werden, die jedem Kind sein soziokulturelles Existenzminimum garantiert.
  2.  Alleinerziehendenfamilien brauchen mehr Steuergerechtigkeit. Es soll eine Individualbesteuerung eingeführt werden, um die einseitige steuerliche Bevorzugung von Allein- und Hauptverdienerehen zu beenden.
  3. Alleinerziehende Frauen brauchen mehr Schutz vor Altersarmut. Die für die Familie geleistete Care-Arbeit soll eine stärkere Berücksichtigung bei der Rentenberechnung finden.
  4. Alleinerziehendenfamilien brauchen mehr und bedarfsgerechtere Angebote in der Kinderbetreuung. Ein Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung bis zum 14. Lebensjahr soll eingeführt werden. Dabei soll die Kinderbetreuung sowohl qualitativ hochwertig sein als auch die sogenannten Randzeiten abdecken.
  5. Alleinerziehende brauchen mehr und nachhaltigere Teilhabe am Arbeitsmarkt. Politik, Verwaltung und Arbeitgeber sollen dies als gemeinsame Querschnittsaufgabe betrachten. Dabei soll die Arbeit existenzsichernd, familienfreundlich und gesundheitserhaltend ausgestaltet sein.
  6. Alleinerziehende brauchen mehr und passgenauere Gesundheitsprogramme. Kranken- und Pflegekassen (Rechtskreis SGB V und SGB XI) sollen gezielte, ambulante und präventive Programme auflegen, die speziell auf die Bedarfe Alleinerziehender zugeschnitten sind. Dabei sollen die Programme zu Zeiten angeboten werden, die kompatibel mit der Berufstätigkeit sind, und parallele Kinderbetreuungsangebote vorhalten.
  7. Alleinerziehendenfamilien mit niedrigem Einkommen brauchen mehr Entlastung von den Wohnkosten. Im SGB II sollen die Kosten für eine neue, angemessene Wohnung auch dann wieder voll übernommen werden, wenn sie teurer ist als die bestehende. Außerdem soll das Wohngeld sich analog zu Mietsteigerungen z.B. wegen Modernisierung erhöhen.
  8. Alleinerziehende brauchen mehr niedrigschwelligen Zugang zu Informationen und für sie passende Angebote. Anlaufstellen vor Ort und ein zentraler Digitallotse sollen eingerichtet und dauerhaft etabliert werden, um Orientierung und Unterstützung zu bieten.
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